„Der Hässliche“ – Kritik des Wiesbadener Tagblatts
Schöne Kritik des Wiesbadener Tagblatts zu unserer Produktion „Der Hässliche“. Es gibt noch Karten für die kommenden Vorstellungen. Telefonisch bestellen unter 0611-3349795
Hammerharte Dialog-Duelle – Schule für Schauspiel spielt „Der Hässliche“ von Marius von Mayenburg
Von Kathrin Schwedler
WIESBADEN – Die Farce „Der Hässliche“ von Marius von Mayenburg ist das, was man Schauspielerfutter nennt. Vier Darsteller in diversen Rollen und an verschiedenen Schauplätzen. Die boulevardesken Dialoge fliegen einem nur so um die Ohren. Wie sich die Szenen in rasantem Wechsel ineinander verkeilen, ist vom Autor vorgegeben. Dabei geht es um ein ernsthaftes Zeitgeistthema: die Selbstperfektionierung im Hochkapitalismus. „Sex sells“, lautete die Devise. Wie Auto und Karriere wird dank moderner Chirurgie natürlich auch der Körper optimiert.
Stringent und temporeich
Die Abschlussklasse 2016 der Wiesbadener Schule für Schauspiel hat in der stringenten und temporeichen Regie von Martin Plass komödiantische Artistik bewiesen. Zwei Männer, zwei Frauen, eine Theke, ein Sofa und ein Bürotisch sind die Arena, in der sich das Schicksal von Elektroingenieur Lette erfüllt. Der blitzgescheite Erfinder darf sein neuestes Produkt nicht bei einer Messe präsentieren. Denn: Er ist so hässlich. Das geht gar nicht. Weil aber selbst die Ehefrau ihm nie über seine fatale äußere Wirkung aufgeklärt hat, bricht das Selbstbild des Tüftlers zusammen. Problemlösung: Gesichtschirurgie! Das Ergebnis ist dann so sensationell, dass Lette sich von erotischen Angeboten überrannt sieht. Dumm nur, dass sein Gesicht bald als Katalogware seines Arztes zum Bestseller wird. Und wo alle wie Klone gleich aussehen, kommt es notwendig zu entsprechenden Verwerfungen im familiären und gesellschaftlichen Gefüge.
Während Mayenburgs Stück seinen Sog entfacht, kommt der Zuschauer kaum zu tieferen Erkenntnissen, weil die Protagonisten sich im britischen Trockenhumor hammerharte Duelle liefern. Kalauer inklusive, geht es doch um Stecker und Dosen. Eric Cornelius ist Lette. Der blonde Hüne ist tumber Tor pur. Seine Metamorphose zum Womenizer bleibt äußerliche Dressur. Seine Person ist allenfalls ein Superstar auf Zeit. Das Mitspielertrio scheucht den Hauptdarsteller durch eine Berg- und Talfahrt von Sex, Lügen und Irrsinn. Perfektes Timing, kluge Dialogregie. Konstantina Fourkiotis ist mal doofes (OP-Schwester), mal cooles Blondchen (Millionärstussi). Intrigant und karrieregeil verkörpert Rebekka Herl im kleinen Schwarzen alle neoliberalen Kraftmeier. Pascal Fey gelingt es fulminant, unterhaltsame Karikaturen vom kriecherischen Kollegen bis zum Muttersöhnchen zu zeichnen. Es wird gelacht, man kann einfach nicht anders. Und das Witzigste: Diese Groteske ist von unserer Realität nur einen Hauch entfernt.